Drohender Totalverlust bei zwei Angeboten der One Group!
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Probleme bei Immobiliekonzern Soravia
Problemfälle des österreichischen Immobilienkonzerns Soravia bescheren Anlegern der deutschen Tochter One Group möglicherweise einen Komplettausfall. Das legt ein kürzlich gestellter Insolvenzantrag nahe.
Anleger der One Group betroffen
Anlegerinnen und Anleger von zwei Anlageangeboten der One Group aus Hamburg müssen sich auf einen Totalverlust einstellen. Sie haben Geld in die nachrangigen Schuldverschreibungen „ProReal Europa 9“ und „ProReal Europa 10“ gesteckt. Bei Schuldverschreibungen verleihen Anleger zum Beispiel an Firmen Geld gegen Zinsen. Insgesamt handelt es sich wohl um 278 Millionen Euro. Das legt der Insolvenzantrag der SC Finance Four GmbH, Neu-Isenburg, früher Hamburg, vom 8. März 2024 nahe, der am Insolvenzgericht Offenbach eingereicht wurde und der Finanztest vorliegt.
Dies meldet jedenfalls Stiftung Finanztest am 19.04.2024.
Beide Angebote hatte die One Group aus Hamburg Ende 2020 und Mitte 2021 auf den Markt gebracht. Die One Group gehört zum großen österreichischen Immobilienkonzern Soravia. Der Konzern mit mehr als 140-jähriger Geschichte hat 14 300 Wohnungen gebaut, Projekte mit 4,9 Milliarden Volumen sind nach eigenen Angaben derzeit in der Entwicklung. Nicht nur Soravia, sondern auch andere Immobilien-Projektentwickler kämpfen momentan mit nicht nach Plan verlaufenden Projekten. Dies liegt wohl auch an den steigenden Zinsen, die es den Projektentwicklern allgemein schwerer macht, am Markt zu bestehen und Anleihen zurückzuzahlen.
Das Kapital der Anleger – 100 Millionen Euro (ProReal Europa 9) beziehungsweise 178,5 Millionen Euro (ProReal Europa 10) – sollte während der jeweils dreijährigen Laufzeit mit 6 Prozent beziehungsweise 5,75 Prozent pro Jahr verzinst werden. Ende Dezember 2023 wurden überraschend die Zinszahlungen ausgesetzt. Soravia Deutschland teilte mit, etwa 11 000 Anlegerinnen und Anleger seien „von einem hohen Ausfallrisiko betroffen“, so die Stiftung Warentest.
Projektgesellschaften zahlten nicht
Die Schuldverschreibungen hatten die ProReal Europa 9 GmbH (PRE 9) und ProReal Europa 10 GmbH (PRE 10) herausgegeben. Der Insolvenzantrag beschreibt, dass beide Gesellschaften Kapital an die SC Finance Four GmbH für 10 Prozent Zinsen pro Jahr verliehen hätten. Die SC Finance Four wiederum habe damit 28 Darlehen an Projektgesellschaften vergeben, die ihr dafür 10,75 bis 12,25 Prozent Zinsen pro Jahr zahlen sollten. Diese Darlehensvergaben seien qualifiziert nachrangig gewesen. Das heißt: SC Finance Four konnte Forderungen schon nicht mehr durchsetzen, wenn eine Insolvenz bei den Projektgesellschaften droht.
Tatsächlich hätten Darlehensnehmerinnen nicht gezahlt. Dadurch und durch Folgeeffekte habe die Zahlungsunfähigkeit der SC Finance Four gedroht, weil diese ihre Zahlungen an die PRE9 und 10 nicht mehr leisten konnte. Die Forderungen der SC Finance Four an die Projektgesellschaften seien laut Insolvenzantrag nur noch in Höhe von 1,7 Prozent werthaltig.
Soravia Deutschland betonte auf Nachfrage von Finanztest, die tatsächliche Insolvenzquote – der Anteil, den Gläubiger bekommen – hänge von der weiteren Entwicklung ab und lasse sich heute nicht abschließend prognostizieren: „Tatsächlich ist aber davon auszugehen, dass ohne die Realisierung der beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen ein Totalverlust droht.“
Kein Insolvenzantrag bei ProReal 9 und 10
Der Ausfall von SC Finance Four bringt PRE 9 und 10 in Schwierigkeiten. Die Anwaltskanzlei Semper Fidelis Rechtsanwälte aus Frankfurt, die den Insolvenzantrag eingereicht hatte, kündigt darin daher an, auch bei PRE 9 und 10 Insolvenzanträge vorzubereiten. Davon rückte Soravia Deutschland in der Stellungnahme ab: Es sei eine „Zahlungsunfähigkeit zukünftig nicht zu erwarten“. Für die Anlegerinnen und Anleger bedeutet das jedoch keine Entwarnung.
Grund: Die Schuldverschreibungen der Anleger sind nachrangig, das heißt, diese können ihre Forderungen nach Zahlung von Zinsen und Rückzahlung bei Insolvenzgefahr nicht durchsetzen, kriegen selbst kein Geld. Somit können sie keine Zahlungsunfähigkeit auslösen, solange der Zustand anhält.
Vier Projekte waren besonders problematisch
Vier Projekte, die sich laut Insolvenzantrag besonders negativ ausgewirkt haben:
- Das Projekt mit dem ehemaligen Rechenzentrum der Allianz in Unterföhring wurde demnach komplett abgewickelt, die gesamten 16,7 Millionen Euro Kredit hätten abgeschrieben werden müssen.
- Das gelte auch für das ehemalige Hotel „Sylter Hof“ in Berlin mit 30,4 Millionen Euro.
- Beim Wohn- und Hotelprojekt „Quartier Tegernsee“ sei zwar nur ein Teil rückabgewickelt worden, doch die 21,1 Millionen Euro hätten vollständig wertberichtigt werden müssen.
- Bei den Wohnanlagen „Zollhafen Elements“ in Mainz habe sich der Bau verzögert, wodurch 18,5 von 20,0 Millionen Euro hätten abgeschrieben werden müssen.
Zahlungszusagen schwer zu erfüllen
Es geht also um mehr als 86 Millionen Euro bei den vier Problemprojekten. Der Insolvenzantrag schildert zudem Folgeeffekte: Zuflüsse aus diesen Projekten seien schon dafür eingeplant gewesen, weitere Projekte zu finanzieren. „Die zeitgleiche Projektentwicklung von verschiedenen Projekten entspricht der marktüblichen Tätigkeit“ eines in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz tätigen Projektentwicklers, erklärt Soravia Deutschland dazu.
Für die Fortsetzung wären laut Insolvenzantrag 80 bis 120 Millionen Euro nötig. Die seien weder von den Gesellschaftergruppen aufzubringen noch am Kapitalmarkt zu beschaffen. Das unerfreuliche Fazit der Analyse für Anlegerinnen und Anleger von PRE 9 und 10 in Deutschland: Die „derzeit zu finanzierenden Projekte“ seien ohne das Insolvenzverfahren von SC Finance Four nicht zu realisieren.
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